50jähriges Jubiläum des HSV Alzey

Sein 50-jähriges Bestehen feiert 2014 der Handballsportverein (HSV) Alzey. Als offizielles Gründungsdatum gilt der 3. April 1964, als sich 20 Personen trafen, um einen Verein zu gründen, der nur Handball betreiben sollte 1). „Nur“ Handball spielt man im HSV noch heute, der Verein hat inzwischen aber 500 Mitglieder und nimmt mit 2 Damen-, 3 Herren-, 14 Jugend- und 3 Minimannschaften am Spielbetrieb der Saison 2013/14 teil. Damit gehört der HSV Alzey - wie seit vielen Jahren - im Handballverband Rheinhessen zu den Vereinen mit dem höchsten Engagement im Jugendbereich.

Begonnen hatte alles aus Ärger und Frust. Die Handballabteilung des TV Alzey hatte 1963 mehrere Großfeldturniere ausgerichtet und hierbei auf Grund der sehr guten Akzeptanz einen nicht unerheblichen Gewinn erzielt. Der Hauptvorstand des TV beschloss aber anschließend, dass dieser Gewinn unter die Sparten aufzuteilen sei, so dass der Handballabteilung nur ein Viertel davon verblieb. Das wollten die meisten Mitglieder der Abteilung nicht hinnehmen und traten aus dem TV aus. Am 3. April 1964 trafen sie sich dann in Alzey, Am Damm, im Lokal Bavaria, und gründeten den HSV. Man kann zu den Gründern wohl noch zwei weitere ehemalige TVler hinzuzählen, die an der Gründungsversammlung nur deshalb nicht teilnehmen konnten, weil sie ihren Dienst bei der Bundeswehr ableisteten.

Aus heutiger Sicht mag der Schritt der HSV-Gründer nicht so spektakulär erscheinen, wie er es damals wohl gewesen ist. Die 68er-Generation saß nämlich noch überwiegend auf der Schulbank. Ludwig Ehrhard war Bundeskanzler und Heinrich Lübke wurde im Sommer des Jahres 1964 als Bundespräsident wiedergewählt. Und auch wenn es bei den Ostermärschen der Atomwaffengegner sechsstellige Teilnehmerzahlen gab, herrschte damals wirklich keine Aufbruchstimmung oder gar aufrührerisches politisches und gesellschaftliches Klima. Noch treffender mag eine sporthistorische Einordnung sein: damals war Sepp Herberger noch Trainer der Fußball-Nationalmannschaft - ein Synonym für Disziplin im Sport.

Daneben muss man aber auch wissen, dass erst ein Jahr zuvor die Sporthalle der Albert-Schweitzer-Schule, die einzige Spielstätte für Hallenhandball weit und breit, eröffnet worden war. Zur Finanzierung dieser Halle hatte neben dem Handballverband Rheinhessen auch der TV Alzey mit einem verlorenen Baukostenzuschuss von 50.000 DM beigetragen. Der TV hatte vorher seinen früheren Turnplatz an der Weinheimer Landstraße als Baugelände verkauft und den Erlös für den Bau der neuen Halle zur Verfügung gestellt 2).

Vor diesem Hintergrund wurde im TV der Schritt der HSV-Gründer als undankbar, unangemessen und unnötig dramatisch empfunden, und er rief viele Widerstände hervor. Nur ein kleines Beispiel ist der Einspruch gegen die Aufnahme des HSV Alzey in den Sportbund Rheinhessen. Dieser wurde aber schnell abgewiesen, so dass der Trainingsbetrieb beim HSV noch im April 1964 aufgenommen werden konnte. Die meisten der aus dem TV ausgetretenen Personen galten als die junge Zukunft des Alzeyer Handballs und sie und ihr neuer Verein wurden fortan als abtrünnige und unliebsame Konkurrenz und nicht als sportliche Wettbewerber gesehenen. Dies hat über 50 Jahre hinweg die Beziehungen zwischen HSV und TV Alzey mehr oder weniger stark geprägt.

1970 versuchten der HSV und die Handballabteilung des TV mit einer Spielgemeinschaft, ein „höheres Leistungsniveau und eine damit verbundene Aufwertung des Handballsports in der Volkerstadt“ 3) zu erreichen. Diese wurde bereits nach kurzer Zeit durch den TV aufgekündigt 4), weil es - so Zeitzeugen - Differenzen über die Anzahl der aus jedem Verein einzusetzenden Spieler gegeben haben soll. Bereits in der folgenden Saison gingen die Vereine wieder getrennte Wege. Nach mehreren vorhergegangenen Anläufen scheiterten im Frühjahr 2013 die Verhandlungen zu einem Zusammengehen erneut. Bezeichnenderweise scheinen es die älteren, vielleicht noch von den Ereignissen des Jahres 1964 geprägten TV-Mitglieder gewesen zu sein, die das umfassende, mit der Führung der Handballabteilung des TV einvernehmlich abgestimmte Angebot des HSV Alzey abgelehnt haben 5).

Zurück zu den Anfängen: Die beiden ersten Spiele des HSV Alzey bestritten die erste Männermannschaft und die Reserve am 21. Juni 1964 auf dem Großfeld des Wartbergstadions gegen den TV Erfelden. Die Erste erzielte ein 11:11-Unentschieden, die Reserve verlor mit 7:10 Toren. Auch das Training im Sommer und Herbst 1964 erfolgte auf dem Wartbergstadion, da Trainingszeiten in der im Kreis einzig handballtauglichen Albert-Schweitzer-Halle erst ab November möglich war.

Es ist hier nicht der richtige Ort, die Auf- und Abstiege, die Erfolge und Enttäuschungen der unterschiedlichen Mannschaften über die Jahre hinweg zu beleuchten. Zwei Höhepunkte sollen aber genannt werden, da sie überleiten zu einer Ortsbestimmung des HSV in der heutigen Handballumgebung.

Der dritte Platz der männlichen B-Jugend bei der Deutschen Jugendmeisterschaft 1979 und der Aufstieg der ersten Männermannschaft in die Regionalliga Südwest 1988 waren diese bisher größten sportlichen Erfolge des HSV Alzey. Das wird vermutlich auf lange Zeit hinaus so bleiben. Die zunehmende Professionalisierung des Handballsports macht es ehrenamtlich geführten Vereinen auch bei 500 Mitgliedern sehr schwer, wirtschaftlich verantwortungsvoll Ziele für die Oberliga oder sogar höhere Klassen anzupeilen. Der HSV wird dankenswerterweise unterstützt durch eine Reihe lokaler Sponsoren, die das inzwischen verfolgte Konzept möglich machen. Die Teilnahme an einer Oberligarunde oder gar in der 3. Liga macht heute bei Frauen und Männern einen fünf- bzw. sechsstelligen Etat notwendig. Das ist nur möglich mit Großsponsoren, die in der Region in und um Alzey herum nicht sehr zahlreich sind.

Nach einigen kostspieligen und letztlich gescheiterten Versuchen mit externen Trainern und Spielern hat sich der HSV Alzey spätestens seit 2010 auf einen anderen Weg besonnen. Obwohl noch nicht feststand, ob die erste Männermannschaft tatsächlich aus der Rheinhessenliga würde absteigen müssen, nahm damals der Vereinsvorstand den angekündigten Weggang wichtiger „externer“ Spieler zum Anlass, die Mannschaft aus der höchsten rheinhessischen Spielklasse zurückzuziehen und einen Neubeginn in der A-Klasse zu versuchen. Dahinter stand die Idee, die männlichen und weiblichen Aktiven-Mannschaften vor allem aus eigenem Nachwuchs zu bilden und damit der seit vielen Jahren vorbildlichen Jugendarbeit realistische und weiterführende Perspektiven zu geben 6). Dieses Konzept ist aufgegangen. Die männliche A-Jugend des HSV wurde 2013 Rheinhessenmeister. Ein Teil dieser Spieler wurde in der Saison 2012/13 auch regelmäßig in der ersten Männermannschaft eingesetzt, die den Aufstieg in die Verbandsliga schaffte. Dort bildet der Meisterjahrgang der A-Jugend heute das Gerüst für die Saison 2013/14. Es ist eine Mannschaft von Alzeyern, von HSVlern.

Gleiches gilt für die erste Damenmannschaft, dem seit Jahren in der höchsten Klasse spielenden Aktiventeam des HSV. In der Rheinhessenligamannschaft, die die Saison 2012/13 nach einer Siegesserie in der Rückrunde auf Platz 5 beendete, wurden regelmäßig bis zu fünf A-Jugend-Spielerinnen eingesetzt. Alle Spielerinnen in der Saison 2013/14 kommen aus der Jugend des HSV oder sind bereits seit vielen Jahren HSVlerinnen

Und dahinter warten 14 Jugend- und 3 Minimannschaften sowie die Kinder der Ballspielstunde darauf, eines Tages in die Fußstapfen ihrer Vorbilder zu treten. Sie werden unter Führung vieler ehrenamtlicher Trainer, für die der Verein regelmäßig Dank- und Motivationsveranstaltungen organisiert, und unter Mithilfe zahlreicher Eltern an diese Aufgaben heran geführt. Der Handballsportverein Alzey ist so für die kommenden 50 Jahre bestens vorbereitet.

Von Gerhard Paeseler